18.09.2019 Ursula Maier-Rabler: Digitalisierung und Gesellschaft 4.0

EWMD-Member Ursula Maier-Rabler ist Kommunikationswissenschafterin, Assistenzprofessorin, Gründerin und langjährige Leiterin des Center for Advances Research and Studies in Information- and Communication & Society (ICT&S Center) an der Universität Salzburg. Am EWMD-Abend präsentierte sie die Ergebnisse ihrer Forschung zu „Digitalisierung und die gute Gesellschaft 4.0″. Neben Members des Chapter Salzburg waren etliche Mitgliedsfrauen der Salzburger Medienfrauen Zuhörerinnen – auf Einladung von EWMD; Ursula Maier-Rabler ist ebenfalls Mitglied dieses Netzwerkes.

Beim Vortrag mit anschließender lebhafter Diskussion standen die gesellschaftlichen Auswirkungen der Digitalisierung im Mittelpunkt. Wobei „Vernetzung“ das Mantra der Digitalisierung sei, so Maier-Rabler. „Digitalisierung macht möglich, dass Themen auf Individuen maßgeschneidert sind. Das wiederum macht uns Druck, in der digitalen Welt sichtbar zu sein.“ Teilen, Geben und Nehmen ist dabei die Grundvoraussetzung von Netzwerken. „Der, der gibt, ist wertvoll“, sagt Maier-Rabler. Strategien, wie man mit der Info-Überfülle umgehen sollte, würden allerdings noch fehlen, ebenso wie der Umgang mit dem „Unfertigen“. Gut nachvollziehbar sind die bislang beschrittenen Stufen der Digitalisierung: Den Anfang machten die vernetzte Technologie (Computer), darauf folgten die vernetzten Menschen, dann die Vernetzung von Menschen, Computern und Dingen, schließlich sind wir derzeit bei der algorithmenbasierten Vernetzung angelangt. “ Die Vernetzung zwischen Menschen, Maschinen und Dingen erzeugt den Mehrwert durch Veredelung von Informationen zu Wissen. „Wissen ist Macht – das funktioniert nicht mehr“, ist Maier-Rabler überzeugt. Diejenigen, die nicht am digitalen Leben teilhaben wollen oder können (aus gesellschaftlichen oder technologischen Gründen) werden zur 4. Welt gezählt: Die Nicht-Vernetzten sind aus der modernen Gesellschaft ausgeschlossen. Wer sich vernetzt und vernetzt denkt, ist Gewinnerin der Digitalisierung.

Die gute Gesellschaft 4.0 ist ausgewogen, vernetzt, gerecht, partizipativ, inklusiv, ethisch, nachhaltig und demokratisch. Neben anderen ist in Österreich vor allem eines ein Problem: die Ungleichheit. Die Vermögensungleichheit zählt bei uns zu den höchsten in ganz Europa. 25 % des Vermögens ist im Besitz des reichsten Prozents, die oberen 10% besitzen so viel wie die übrigen 90% zusammen. Die Einkommensungleichheit ist vergleichsweise gering, die Lohnquote allerdings mit knapp 68% stark rückgängig. Das unterschiedliche Wachstum von Einkommen und Vermögen ist die zentrale Ursache für soziale Ungleichheit. Wer Vermögen besitzt kann durch Investitionen höhere Einkünfte erzielen als Menschen durch ihre Lohnarbeit. Maier-Rabler plädiert daher z.B. für eine Besteuerung von Finanztransaktionen – mit diesem Geld könne viel ein einer Gesellschaft finanziert werden. Die künftige Aufteilung unserer Arbeitszeit könnte damit so aussehen: ein Drittel Erwerbsarbeit, ein Drittel Familienarbeit, ein Drittel zivilgesellschaftliche Arbeit.

„Wir sollen die Gestaltungshoheit über die Digitalisierung behalten, nicht einem Algorithmus das Steuer überlassen“, sagt Maier-Rabler und appelliert: „Und wir brauchen Frauen in Entscheidungsmacht! Es fehlt die weibliche Perspektive. Wir benötigen Frauen in der Hardcore-Informatik!“ Was ist also zu tun? Maier-Rabler plädiert für eine neue Politik – vernetzt und horizontal; für eine neue Bildungspolitik – auch als Ausweg aus der Demokratiekrise; eine neue Arbeitskultur in einer neuen digitalen Gesellschaft; und für eine gelebte Vernetzungslogik, in der partizipative Kultur gefördert wird.

Interessante Gesprächsthemen, ein gutes Glas Wein und aktives Netzwerken beschließen schließlich den Abend im ICT&S Center.

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Chapter Salzburg